Eskalation der Verpflichtung
Warum Schulen an ineffektiven Präventionsprogrammen festhalten und wie man dagegen vorgehen kann
inForschung, Prävention23. Juli 2024
Dieser Blogbeitrag basiert auf einer aktuellen Studie von Barrett et al. (2023), die in der Zeitschrift Prevention Science veröffentlicht wurde. Die Forschung untersucht ein kritisches, aber oft übersehenes Problem in der schulischen Prävention: Warum halten Schulen an Programmen fest, die sich als ineffektiv erwiesen haben? Diese Frage ist für Fachkräfte in der Prävention und Gesundheitsförderung von großer Bedeutung, da sie direkte Auswirkungen auf die Wirksamkeit unserer Bemühungen zur Verbesserung der Gesundheit und des Wohlbefindens von Kindern und Jugendlichen hat.
Die Studie führt das Konzept der „Eskalation der Verpflichtung“ in den Kontext der schulischen Prävention ein. Dieses psychologische Phänomen beschreibt die Tendenz, an einem Handlungsverlauf festzuhalten, selbst wenn Leistungsindikatoren darauf hindeuten, dass er nicht erfolgreich ist. In Schulen kann dies dazu führen, dass ineffektive Präventionsprogramme fortgeführt werden, anstatt sie durch evidenzbasierte Alternativen zu ersetzen.
Die Forscher fanden heraus, dass Schuladministratoren dazu neigen, schlechte Programmergebnisse nicht dem Programm selbst zuzuschreiben, sondern anderen Faktoren wie:
Diese Attributionen können dazu führen, dass ineffektive Programme fortgeführt werden, anstatt sie zu beenden.
Die Studie identifizierte drei Hauptkategorien von Faktoren, die die Entscheidung zur Fortsetzung ineffektiver Programme beeinflussen:
Die Forscher stellten fest, dass die Reaktionen auf schlechte Leistungsindikatoren und die Wirkung der verschiedenen Determinanten durch Faktoren wie die Erfahrung des Administrators, die Schuldemografie und unerwartete Ereignisse (z.B. die COVID-19-Pandemie) beeinflusst werden können.
Flussdiagramm: Eskalation der Verpflichtung in Schulen. Eigene Darstellung basierend auf Barrett et al. (2023), "Sticking with Programs That Do Not Work: The Role of Escalation of Commitment in Schools", Prevention Science.
Präventionsfachkräfte können Workshops oder Schulungen für Schuladministratoren anbieten, die sich speziell mit dem Thema Entscheidungsfindung und Programmbewertung befassen. Diese Schulungen sollten folgende Aspekte beinhalten:
Präventionsfachkräfte können Schulen bei der Entwicklung robuster Evaluationsrahmen unterstützen. Dies beinhaltet:
Präventionsfachkräfte können Schulen dabei helfen, eine Kultur zu entwickeln, in der das Beenden ineffektiver Programme als Lernchance und nicht als Scheitern gesehen wird. Dazu gehören:
Präventionsfachkräfte können Schulen dabei helfen, proaktiv Ausstiegsstrategien für Programme zu entwickeln. Dies beinhaltet:
Präventionsfachkräfte können Netzwerke zwischen Schulen oder Schulbezirken initiieren, in denen Erfahrungen mit der Implementierung und De-Implementierung von Programmen ausgetauscht werden können. Dies kann beinhalten:
Präventionsfachkräfte können Schulen dabei beraten, wie sie ihre Ressourcen effektiv zwischen bestehenden und neuen Programmen aufteilen können. Dies beinhaltet:
Präventionsfachkräfte können Schulen dabei unterstützen, evidenzbasierte Entscheidungsprozesse zu implementieren. Dies kann beinhalten:
Präventionsfachkräfte können Schulen bei der Entwicklung von Frühwarnsystemen unterstützen, die potenzielle Probleme mit Programmen frühzeitig identifizieren. Dies könnte beinhalten:
Die Studie von Barrett et al. (2023) liefert wichtige Erkenntnisse darüber, warum Schulen möglicherweise an ineffektiven Präventionsprogrammen festhalten. Für Fachkräfte in der Prävention und Gesundheitsförderung bietet dieses Wissen die Möglichkeit, Schulen besser bei der Implementierung, Evaluation und gegebenenfalls De-Implementierung von Programmen zu unterstützen.
Indem wir das Phänomen der Eskalation der Verpflichtung verstehen und aktiv dagegen vorgehen, können wir dazu beitragen, dass Schulen evidenzbasierte Praktiken effektiver umsetzen und letztendlich bessere Ergebnisse für Schülerinnen und Schüler erzielen. Die vorgestellten praktischen Strategien bieten Präventionsfachkräften konkrete Ansatzpunkte, um Schulen in diesem Prozess zu unterstützen und eine Kultur der kontinuierlichen Verbesserung und des evidenzbasierten Handelns zu fördern.
Abschließend lässt sich sagen, dass das Verständnis und die aktive Bekämpfung der Eskalation der Verpflichtung in Schulen ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Effektivität von Präventionsprogrammen ist. Durch die Anwendung der hier vorgestellten Strategien können Präventionsfachkräfte Schulen dabei unterstützen, ihre Ressourcen optimal einzusetzen und evidenzbasierte Entscheidungen zu treffen. Dies führt letztendlich zu einer verbesserten Lernumgebung und besseren Ergebnissen für Schülerinnen und Schüler.
Indem wir uns bewusst mit dem Phänomen der Eskalation der Verpflichtung auseinandersetzen und proaktiv dagegen vorgehen, können wir einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung und Verbesserung der schulischen Prävention leisten. Es liegt an uns als Fachkräfte, dieses Wissen in die Praxis umzusetzen und Schulen auf ihrem Weg zu einer evidenzbasierten und wirkungsvollen Präventionsarbeit zu begleiten.